Änderung der Mutterschafts-Richtlinien

Die zeitliche Beschränkung des Screenings auf Hepatitis B in der 32. - 40. Schwangerschaftswoche wurde aufgehoben.

Das Screening soll zukünftig schon in der Frühschwangerschaft erfolgen. Hintergrund ist, dass bei einer frühzeitig diagnostizierten Hepatitis-B-Infektion wirksame therapeutische Maßnahmen zur Verfügung stehen, die das Risiko einer Hepatitis-B-Übertragung auf das Kind erheblich senken können.

Bislang wurde für alle Schwangeren die Bestimmung des HBsAgs (zeitlich eingeschränkt) ab der 32. Schwangerschaftswoche empfohlen. Fällt das Screening positiv aus, wird das Neugeborene unmittelbar nach der Geburt simultan (aktiv/passiv) gegen Hepatitis B geimpft und anschließend die Grundimmunisierung vervollständigt (einschließlich einer Impftiterkontrolle des Kindes vier bis acht Wochen nach letzter Impfung). Bei einer bestehenden Hepatitis-B-Infektion mit sehr hoher Viruslast (> 2x105 IU/ml) reicht diese Impfung aber nicht in jedem Fall aus, um eine Infektion des Kindes sicher verhindern zu können.

Durch eine von einem Hepatologen durchgeführte frühzeitige antivirale Therapie der werdenden Mutter kann die Viruslast deutlich gesenkt werden (nach Beendigung des ersten Trimenons, möglichst vor der 28. Schwangerschaftswoche). Die Kombination aus therapeutisch gesenkter Viruslast und aktiver/passiver Impfung des Neugeborenen kann das Übertragungsrisiko deutlich senken.

Daher sollte möglichst früh in der Schwangerschaft das HBsAg im Blut der Schwangeren bestimmt werden, um (bisher unbekannte) aktive HBV-Infektionen zu diagnostizieren (siehe GBA-Beschluss vom 20. April 2023 , veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 30.6.2023).  Im positiven Falle wird dann mittels PCR die HBV-Viruslast bestimmt. Die Höhe der Viruslast trägt zur Therapieindikationsstellung bei. Dabei hat sich gezeigt, dass die antivirale Therapie umso effektiver in der Viruslastsenkung wirkt, je früher sie begonnen wird. Eine geringere Viruslast zum Geburtszeitpunkt führt zu einer Verringerung des Übertragungsrisikos (siehe dazu: S3-Leitlinie der DGVS zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis B-Virusinfektion 2021).

Neuere Studien zeigen keine Gefahr des Ungeborenen durch die entsprechend zugelassenen Medikamente.

Es lässt sich zusammenfassen:

Frühes HBsAg-Screening in der Schwangerschaft

= frühe Diagnose einer (bisher unbekannten) aktiven HBV-Infektion
= ggf. früherer Therapiebeginn
= geringere Viruslast der Mutter am Geburtstermin
= geringeres Übertragungsrisiko auf das Neugeborene

Die serologische Untersuchung der Mutter entfällt, wenn eine ausreichende Immunität der Mutter gegen Hepatitis B vor Schwangerschaftsbeginn dokumentiert wurde (siehe dazu die aktuellen STIKO-Empfehlungen). Nichtgeimpften, gesunden Schwangeren mit erhöhtem Expositionsrisiko sollte entsprechend der STIKO-Empfehlungen eine Impfung auch während der Schwangerschaft empfohlen werden.