Krätze (Scabies) - Die molekukarbiologische Laboruntersuchung als Unterstützung in der Diagnosefindung und bei Nachuntersuchungen

Als Krätze (fachsprachlich Scabies, von lat. scabere = kratzen) wird die Infektion der Haut durch die Krätze- bzw. Scabiesmilbe (Sarcoptes scabiei) bezeichnet. Die Krätze kommt weltweit vor und betrifft Personen jeden Alters. In vielen Ländern des globalen Südens ist sie eine endemische Massenerkrankung mit einer Prävalenz in der Gesamtbevölkerung bis zu 15 %. Aktuelle und belastbare Zahlen über Prävalenz und Inzidenz gibt es aus keinem europäischen Land.

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Erreger der Krätze

Weibliche Krätzemilben werden bis 0,5 mm groß (mit dem menschlichen Auge gerade noch als Punkt sichtbar). Im Stratum corneum graben die weiblichen Milben tunnelförmige Gänge und bewegen sich pro Tag bis zu 5 mm vorwärts. In den Gängen legen sie Eier und scheiden Kotballen (Skybala) aus.

Die Milben bleiben etwa bis 60 Tage lebensfähig und verlassen in dieser Zeit das Tunnelsystem i. d. R. nicht mehr. Aus den Eiern schlüpfen nach 2 bis 3 Tagen Larven, die an die Hautoberfläche ausschwärmen und sich dort in Falten, Vertiefungen und Haarfollikeln nach 3 Wochen zu geschlechtsreifen Milben entwickeln.

Symptome und Infektiosität der Krätze

Bei einer Erstinfestation erscheinen die ersten Symptome nach 2 bis 5 Wochen, bei einer Reinfestation bereits nach bis zu 4 Tagen. Prädilektionsstellen der gewöhnlichen Scabies sind die Interdigitalfalten der Hände und Füße, Ellenbogenstreckseiten, vordere Axillarfalten, Brustwarzenhof, Nabelregion, Gürtellinie, Gesäß, Analfalte, Perianalregion, Leisten, Knöchelregion, die inneren Fußränder und insbesondere der Penisschaft. Bei Säuglingen und Kleinkindern findet man typische Hauterscheinungen auch am behaarten Kopf, im Gesicht sowie palmoplantar. Bei Bettlägrigen findet sich häufiger die ansonsten untypische Lokalisation am Rücken.

Die Primäreffloreszenzen bestehen aus kommaartigen, wenige mm bis 1 cm langen Milbengängen, an deren Ende sich manchmal ein kleines Bläschen bildet. Als Ausdruck der Immunantwort gegen Milbenprodukte tritt eine Ekzemreaktion mit disseminierten, erythematösen und z. T. krustösen Papeln, Bläschen und Papulovesikeln sowie ein immer präsenter Juckreiz auf, der in der Nacht zunimmt. Durch Kratzeffekte entsteht im Laufe von Wochen ein vielfältiges morphologisches Bild, das sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und zahlreiche andere Hautkrankheiten imitieren kann.

Die Sonderform Scabies crustosa kommt bei immunsupprimierten, aber häufig auch bei dementen Patienten in Altersheimen vor. Sie ist hoch ansteckend, da sich mehrere Millionen Milben auf der Haut befinden. Daher können bereits kurze Hautkontakte zur Infestation führen. Die Haut zeigt Schuppung, oft mit palmoplantaren Hyperkeratosen und Nagelbefall; Juckreiz kann fehlen.

Die Infektiosität von Scabiesmilben ist umso geringer, je länger sie von ihrem Wirt getrennt sind. Bei in Deutschland üblichen Raumtemperaturen und Luftfeuchtigkeit bleiben Scabiesmilben mit großer Wahrscheinlichkeit nicht länger als 48 Stunden infektiös. In der Regel wird die Scabies durch direkten großflächigen, längeren und kontinuierlichen Haut-zu-Haut-Kontakt von mind. 5 bis 10 Minuten übertragen. Kontaktpersonen, die sich bei gewöhnlicher Scabies anstecken können, sind demnach im Regelfall Mitglieder einer Familie oder Wohngemeinschaft.

Ältere Menschen sind eine Gruppe, die zunehmend Bedeutung bei der Verbreitung der Scabies gewinnt, v. a. in Gemeinschaftseinrichtungen wie Altersheimen und Pflegeeinrichtungen. Ausbrüche / Epidemien können auch in Einrichtungen wie Kindergärten, Behindertenwerkstätten, Flüchtlingsheimen, Obdachlosenasylen, Gefängnissen und Krankenhäusern entstehen. Die Kontrolle dieser Ausbrüche erfordert einen erheblichen finanziellen, zeitlichen und organisatorischen Aufwand sowie die abgestimmte Zusammenarbeit von Dermatologen und Hausärzten sowie unter Umständen medizinischen Laboren mit der betroffenen Einrichtung. Auch das Gesundheitsamt und der Betriebsarzt müssen einbezogen werden.

Diagnose der Krätze 

Die Verdachtsdiagnose wird - im Zusammenhang mit anamnestischen Angaben über mögliche Expositionen - bei starkem Juckreiz und den oben genannten klinischen Symptomen gestellt. Die Verdachtsdiagnose kann durch mehrere Verfahren gesichert werden. Milbengänge können bei heller Haut auch durch Auftupfen von Farbstoff aus einem Filzschreiber und der Applikation eines Tropfens Alkohol dargestellt werden (Burrow-Ink-Test). Durch Kapillarkräfte wird die Farbe in den Gang gezogen.

Für den relativ untersuchungsaufwändigen mikroskopischen Nachweis muss der Milbengang am blinden Ende, wo ggf. eine kleine Papel (Milbenhügel) zu erkennen ist, mit einer feinen Kanüle geöffnet werden. Der Inhalt wird auf einen Objektträger aufgebracht und nativ mit Deckgläschen in Lupenvergrößerung vor Ort mikroskopiert (10er Okular und 10er Objektiv). Beim Klebebandtest wird durchsichtiges Klebeband mit genügender Klebekraft auf Größe der Objektträger zugeschnitten, fest auf verdächtige Gangenden (Milbenhügel) gedrückt, ruckartig abgezogen (Kontraindikation fragile Haut) und anschließend auf den Objektträger geklebt. Der Klebebandtest ist bei Ausbrüchen in Heimen oder Massenunterkünften eine zeitökonomische Methode.

Bei der Dermatoskopie, die einen verfügbaren und erfahrenen Untersucher voraussetzt, wird bei heller Haut nach einer bräunlichen Dreieckskontur („kite sign“ oder Winddrachenzeichen, das Kopf und Brustschild der Milbe entspricht) gesucht, in Verbindung mit dem lufthaltigen intrakornealen Gangsystem (Kielwasserzeichen). Der Hinterleib der Milbe hingegen ist transparent und daher kaum erkennbar. Bei vorbehandelten Patienten sind zwar die Milben abgetötet, die Eier aber noch in den Gängen sichtbar (oft wie Perlen aufgereiht).

Abb.: Die Dermatoskopie erreicht selbst in der Ausführung durch einen erfahrenen Untersucher bei der Krätze nur eine Sensitivität zwischen 5 und 90 % (Foto: LADR).

Bei Verdacht auf eine Scabies-Infektion sollte eine bakteriologische Diagnostik mittels Hautabstrich(en) erfolgen. 

Wichtige Informationen zur Präanalytik Scabies.

Aufgrund einer eigenen Studie, deren Publikation in Vorbereitung ist, und auch praktischer Erfahrungen in Ausbruchssituationen, halten wir die PCR für ausreichend für den Routineeinsatz als Sonder- oder individuelle Gesundheitsleistung in der Labordiagnostik validiert. Wir verwenden für die Scabiesdiagnostik eine in unserem akkreditierten Labor selbst entwickelte PCR-Methode (modifiziert nach Wong et al., J. Clin. Microbiol. 2015; 53: 2095-2102). Die Leitlinie aus dem Jahr 2016, deren Überarbeitung für 2020 angekündigt ist, und Empfehlungen sehen allerdings bisher eine Labordiagnostik bei Scabies als nicht hilfreich an.

Folgende Indikationen für die Scabies-PCR sind aus unserer Sicht vorstellbar:

  • In Ausbruchssituationen und/oder deren Nachuntersuchungen bei nicht ausreichend organisatorisch verfügbarer Standarddiagnostik, nach Anforderung durch oder in Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt
  • In Verdachtsfällen bei nicht ausreichend organisatorisch verfügbarer Standarddiagnostik nach Anforderung durch Haus-, Kinder- oder andere Fachärzte
  • In diagnostischen Zweifelsfällen der Standarddiagnostik als optionale Ergänzung

Prophylaxe und Therapie der Krätze

Grundsätzlich sollen Patienten mit Verdacht auf Krätze nur mit Handschuhen untersucht werden. Eine Händedesinfektion ist keine sichere prophylaktische Maßnahme. 

Die Leitlinie empfiehlt eine Aufbewahrung für Textilien oder andere eventuell kontaminierte Gegenstände (z. B. Stofftiere) für mindestens 48 Stunden, sicherheitshalber 72 Stunden bei mind. 21 °C (z. B. auf einem Heizkörper). Falls die Textilien waschbar sind, sollten sie maschinell gereinigt (mind. 10 Minuten bei ≥ 50 °C) und anschließend im Trockner getrocknet werden.

Die gewöhnliche Krätze ist kein medizinischer Notfall. Personen aus dem Umfeld, die keinen langen, engen Kontakt zu infestierten Personen hatten und keine typischen Hautsymptome der Krätze zeigen, sollten nicht prophylaktisch gegen Krätze behandelt werden.

Unbehandelt verläuft die Krätze chronisch. Das Ziel der Therapie ist daher die Abtötung der Krätzemilben sowie ihrer Larven und Eier. Sekundäre Therapieziele bestehen in der Behandlung von Symptomen, insbesondere des oft ausgeprägten Juckreizes sowie von entzündlichen Begleiterscheinungen und Sekundärinfektionen.

Permethrin (Infectoscab® 5% Creme oder permethrin-biomo® Creme 5 %) gilt in Europa als topisches Mittel der Wahl bei vielen Formen der Krätze und unabhängig vom Lebensalter, bei einer unkomplizierten Krätze ist oft eine Einmalbehandlung ausreichend und wird gut vertragen. Vor der ersten Anwendung wird eine gründliche Körperreinigung durch Dusche oder Vollbad angeraten. Bei gewöhnlicher Krätze wird die Permethrin-Creme einmalig für 8 bis 12 Stunden – am besten über Nacht – aufgetragen und anschließend abgeduscht oder abgewaschen.

Behandelt wird die gesamte Haut, lückenlos vom Unterkiefer abwärts einschließlich der Retroaurikularfalten. Bei Kindern unter 3 Jahren und älteren Menschen über 60 Jahre sollte der Kopf unter Aussparung der unmittelbaren Augen und Mundregion in die Therapie einbezogen werden. Alternativ: Benzylbenzoat Emulsion 25% (für Kinder 10%), an 3 auf­einander­folgenden Tagen auftragen und dann am 4. Tag ab­waschen/ab­duschen oder Crotamiton 10% (Lösung, Creme, Salbe) bzw. 5% (Gel) an 3-5 auf­einander­folgenden Tagen auf­tragen und dann ab­waschen/ab­duschen. Im Anschluss an jede topische Behand­lung mit blanden Salben oder Cremes behandeln, um Aus­trock­nung/Irri­ta­tionen der Haut zu vermeiden.

Ivermectin (einmalig, 200 µg/kg Körpergewicht) p.o. wird empfohlen, wenn der Patient auf eine Vorbehandlung mit Permethrin nicht angesprochen hat, bei Immunsupprimierten, bei Scabies crustosa (zusätzlich zu oder statt einer Lokaltherapie), bei Patienten mit stark ekzematöser oder erosiver Haut, bei denen eine Anwendung von lokalen Antiskabiosa wegen hoher Resorptionsgefahr oder starker Reizung auch nicht durchführbar ist (trotz vorausgehender Lokaltherapie mit Kortikosteroiden) oder wenn aus verschiedenen Gründen, wie fehlendem Verständnis oder organisatorischen Schwierigkeiten (z. B. in Sammelunterkünften), eine topische Ganzkörperbehandlung nicht gewährleistet ist. Eine zweite Behandlung sollte nach 7 bis 15 Tagen erfolgen bei Scabies crustosa oder anderer ausgedehnter Skabies, bei Immunsupprimierten und bei Ausbruchssituationen in Einrichtungen.

Nachuntersuchungen in Ausbruchssituationen

Die erste Nachuntersuchung (siehe unter Diagnose) aller initial sicher bzw. möglicherweise Betroffenen sowie ggf. neuer Verdachtsfälle wird 2 Wochen nach der letzten Behandlung angesetzt (Tag 28). Alle im Rahmen der Nachuntersuchung als befallen oder möglicherweise befallen identifizierten Personen werden erneut dem o. g. Behandlungszyklus zugeführt. Weitere Nachuntersuchungen erfolgen in 2-wöchigen Abständen. Der Ausbruch gilt als beendet, wenn über mindestens sechs Wochen keine neuen Verdachtsfälle mehr aufgetreten sind.

Quellen:

  1. S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies (AWMF, Januar 2016; nächste Überprüfung Dezember 2020)
  2. Epidemiologisches Bulletin, Skabies (Krätze), 11. Juli 2016/Nr. 27.
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