Zunehmende Bedeutung respiratorischer Screening-PCR

Die Änderungen des EBM zum 1. Juli 2022 unterstreichen die Bedeutung moderner Multiplex-PCR-Verfahren, die es ermöglichen, symptombezogen ein Spektrum von Pathogenen in einem einzigen PCR-Ansatz nachzuweisen. Die Änderungen berücksichtigen explizit auch den Nachweis respiratorischer Erreger, für die die neue GOP 32851 eingeführt wurde. Dieses betont erneut den diagnostischen Stellenwert der respiratorischen Screening-PCR, die wir Ihnen schon seit vielen Jahren anbieten. Da die respiratorische Screening-PCR auch schwer kultivierbare Bakterien nachweist, ergänzt sie die klassische Erregerkultur sinnvoll. Wird das Material mit einem Universal-Abstrichtupfer gewonnen, so kann von nur einem Abstrich sowohl die bakterielle Anzucht als auch die PCR flexibel angefordert werden. Im Rahmen des Nachweises meldepflichtiger Erreger wird die neue GOP für die Ermittlung des arztpraxis­spezifischen Fallwerts nicht berücksichtigt und belastet somit nicht das Laborbudget Ihrer Praxis.

Bedeutung viraler und bakterieller Erreger

Bereits vor der SARS-CoV-2-Pandemie wurden etwa 80 % der Atemwegsinfektionen durch Viren hervorgerufen. In der ambulanten Versorgung gehören respiratorische Infektionen (Rhinosinusitis, akute und chronische Nasopharyngitis, Bronchitis, Bronchiolitis, Pneumonie und andere) zu den häufigsten Ursachen für den Einsatz von Antibiotika, der jedoch bei einem rein viralen Infekt nicht indiziert ist.

Im Alltag begegnet uns ein breites Spektrum verschiedener respiratorischer Viren, mit denen wir seit der Geburt konfrontiert werden. Für viele Erreger besteht jedoch keine dauerhafte Immunität, so dass Reinfektionen häufig vorkommen. Viele Studien zeigen, dass auch Mehrfachinfektionen parallel oder kurz hinter­einander möglich sind, sodass der gleichzeitige Nachweis mehrerer Erreger nicht ungewöhnlich ist.

Klinisch lassen sich respiratorische Erreger kaum voneinander unterscheiden

Anhand der klinischen Symptomatik lassen sich einzelne Erreger praktisch nicht voneinander unterscheiden. Zwar treten viele Erreger saisonal gehäuft auf; für die Diagnosestellung reicht dieses jedoch nicht aus, da sich auch innerhalb einer Saison verschiedene Erreger zeitgleich verbreiten können. Durch die Pandemie-bedingten Hygienemaßnahmen hat sich das klassische saisonale Auftreten verschoben, sodass die Vorhersagbarkeit aktuell noch schwieriger ist.

Schwere klinische Verläufe sind möglich

Der klinische Verlauf respiratorischer Virusinfektionen hängt nicht nur vom Erreger ab, er variiert auch von Patient*in zu Patient*in. Schwere Verläufe sind für SARS-CoV-2 und Influenzaviren nicht ungewöhnlich, aber auch die übrigen Erreger können – wenngleich seltener – schwer verlaufende Atemwegsinfektionen hervorrufen, die eine stationäre Einweisung und ggf. sogar eine intensivmedizinische Betreuung notwendig machen.

PCR und Erregeranzucht suchen nach unterschiedlichen Erregern

Die PCR hat sich als die Standard-Methode für den Nachweis von respiratorischen Viren und schwer anzüchtbaren Bakterien etabliert. Damit ergänzt sie den kulturellen Erregernachweis ideal. Die PCR liefert innerhalb weniger Stunden ein Ergebnis und hat eine sehr hohe Spezifität und Sensitivität.

Moderne Multiplex-PCR-Verfahren haben gegenüber herkömmlichen Monoplex-PCR-Verfahren wesentliche Vorteile. Während bei der herkömmlichen Monoplex-PCR nur je ein Erreger pro Ansatz nachgewiesen wird, erlaubt eine Multiplex-PCR den parallelen Nachweis vieler unterschiedlicher Erreger. Für Infektionserkrankungen, die mit einer ähnlichen Symptomatik einhergehen, ist die Erregersuche mittels Monoplex-PCR damit häufig nicht zielführend und zeitaufwendig. Eine einzelne Multiplex-PCR kann dagegen ein breites Spek­trum (Tabelle 1) der typischen Erreger abdecken und so schnell zur richtigen Diagnose beitragen.

Für bakterielle Erreger, die Teil der normalen Nasen-Rachen-Flora sein können, ist der PCR-Nachweis hingegen weniger geeignet. Hier hat die kulturelle Anzucht den Vorteil, dass über die Keimzahl die ätiologische Relevanz einzelner Erreger im Kontext der übrigen Erreger besser beurteilt werden kann. Die Kultur ist ebenfalls Grundlage einer umfassenden Resistenztestung für eine gezielte Antibiotikatherapie.

Besteht Unklarheit über die Ursache einer Atemwegsinfektion, soll der Verzicht auf eine Antibiotikatherapie begründet werden oder besteht der Wunsch einer klaren Krankheitsursache, so kann der gezielte Einsatz der respiratorischen Screening-PCR schnell eine Verdachtsdiagnose absichern. Auch bei Verdacht auf ein Ausbruchsgeschehen kann der Einsatz einer Screening-PCR epidemiologisch sinnvoll sein. Der EBM unterstreicht dieses, indem die Abrechnungsziffer der Screening- PCR von der Berechnung des Wirtschaftlichkeitsbonus ausgenommen ist (s. u.). Im stationären Bereich spielt die respiratorische Screening-PCR schon seit langem eine wichtige Rolle bei der Differentialdiagnostik von unklaren, schweren Atemwegsinfektionen.

Tabelle 1: Typische respiratorische Erreger für das Screening mittels PCR

Virale Erreger Bakterielle Erreger
Influenza A und B (FluA und FluB) Chlamydophila pneumoniae
Respiratory Syncytial Virus A/B (RSV-A/B) Mycoplasma pneumoniae
Humanes Metapneumovirus (HMPV) Legionella pneumophila
Rhinovirus/Enterovirus (RV/EV) Bordetella pertussis und B. parapertussis
Adenovirus (AdV)  
Parainfluenza 1, 2, 3 und 4 (PIF1-4)  
Coronavirus 229E (CoV 229E), OC43, NL63 und HKU1  
SARS-CoV-2  

Es stehen verschiedene Screening-Panels zur Verfügung. Bitte erkundigen Sie sich bei Ihrem LADR Labor vor Ort, welche Erreger im jeweiligen Panel erfasst werden.

Wichtig!

Bei Rückfragen/Abstimmungsbedarf wenden Sie sich gerne an Ihr LADR Labor vor Ort. 

Neue GOP 32851 im EBM

Die Vorteile einer respiratorischen Screening- PCR unterstreicht seit dem 1. Juli 2022 auch der EBM mit der Aufnahme der neuen GOP 32851, die den PCR-Nachweis aller relevanten respiratorischen Viren und schwer kultivierbarer Bakterien berücksichtigt. Die neue EBM-Leistung geht dabei explizit auf die Vorteile der Multiplex-PCR ein: So werden mit der neuen GOP 32851 für den ersten Erreger € 19,90 und für jeden weiteren Erreger nur noch € 7,23 veranschlagt. Die meisten kommerziellen respiratorischen Multiplex- Panels weisen ein sehr breites Spektrum an Erregern nach. Da die GOP 32851 auf 85,00 € limitiert ist, können damit auch sehr breit aufgestellte Panels eingesetzt werden, ohne die Kosten unbegrenzt in die Höhe zu treiben.

Für die Ermittlung des arztpraxisspezifischen Fallwerts wird diese GOP nicht berücksichtigt, wenn die Untersuchung zum Ausschluss oder zur Bestätigung einer Erkrankung erfolgt, bei denen eine gesetzliche Meldepflicht besteht und wenn Sie den Behandlungsfall mit der EBM- Ausnahmekennziffer 32006 markiert haben.

Antigennachweise haben eine geringere Sensitivität und Spezifität als die PCR. Der Antikörpernachweis ist für die Diagnose akuter respiratorischer Infektionen unbedeutend. Die respiratorische Screening-PCR (GOP 32851) schließt dementsprechend den zusätzlichen Antigen- und Antikörpernachweis für diese Erreger am selben Behandlungstag aus.

Probenentnahme

Am einfachsten wird ein Nase-Rachen-Abstrich mit einem Universal-Abstrichtupfer (z. B. ESwab™) durchgeführt, aus dem parallel die PCR und die Kultur durchgeführt werden können (Abbildung 1). 

Abbildung 1: Universal-Abstrichtupfer für flexible Anforderung. 
Dieser Abstrichtupfer mit einem flüssigen Transportpuffer erlaubt, die PCR und die kulturelle Anzucht aus demselben Abstrich anzufordern. ESwab™ mit Standard-Tupfer (Best.-Nr. 453311C) oder ESwab™ mit dünnem-Tupfer (Best-Nr. 454220) ist bestellbar bei unserem Partnerunternehmen Intermed:
Freecall: 0800 08 50-113, auskunft(at)intermed.de

Zur Diagnose einer tiefen Atemwegsinfektion ist ein Nasen-Rachen-Abstrich nur orientierend. Hier ist Material, das aus der Trachea oder den tieferen Atemwegen stammt, besser geeignet.

Anforderung

Die Respiratorische Screening-PCR kann auf unserem mikrobiologischen Anforderungsschein oder über die elektronischen Anforderungsscheine in der Rubrik „BAK-Anforderung“ ausgewählt werden. Je nach LADR Labor vor Ort verwenden wir lokal angepasste Panel­zusammenstellungen (siehe Tabelle 1). Die aktuelle Zusammenstellung erhalten Sie direkt bei Ihrem LADR Labor vor Ort. Bei Bedarf kann im Freitext der Anforderung das Panel aber um weitere Erreger erweitert werden.

Die Anforderung für die kulturelle Erreger- und Resistenztestung kann parallel im gleichen Auftrag und aus dem gleichen Material angefordert werden, wenn ein Universal-Abstrichtupfer verwendet wird (s. o.).

Abrechnungen

Parameter EBM GOÄ
Ziffern Leistung Ziffern € (1,15-fach)
Respiratorische
Screening-PCR
32851* Panel, erster Erreger 19,90€ 1x 4780
1x 4782
1x 4783
1x 4785
60,33 €
33,51 €
33,51 €
20,11 €
32851* Panel, je weiterer Erreger 7,23 €
32816  SARS-CoV-2 19,90 €

*Die GOP 32851 wird mit maximal 85,00 € berechnet.

Wichtig! Keine Belastung des Laborbudgets der Praxis

Bei Verdacht auf eine Erkrankung, bei der eine gesetzliche Meldepflicht besteht, ist jeder Behandlungsfall mit der EBM-Ausnahmekenn­ziffer 32006 zu kennzeichnen. Die Untersuchung ist dann von der Berechnung des Wirtschaftlichkeitsbonus ausgenommen und belastet nicht das Laborbudget der Praxis.