Krankenhaus: G-BA-Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur

Ergänzung der Regelungen zum Umgang mit gerinnungshemmender Medikation

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 17. Dezember 2020 eine Ergänzung der Regelungen zur SOP „Umgang mit gerinnungshemmender Medikation im Rahmen der Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur/QSFFx-RL“ beschlossen. Diese Ergänzung verpflichtet Krankenhäuser, geeignete Testverfahren zum Nachweis der direkten oralen Antikoagulantien (DOAK) vorzuhalten, um bei Patienten vor hüftgelenknaher Femurfraktur die mögliche (Rest-) Aktivität der Wirkstoffe jederzeit einschätzen zu können. Hierdurch soll eine Beurteilung hinsichtlich des frühestmöglichen Operationszeitpunktes ermöglicht werden.

Prinzipiell gibt es keinen etablierten Routinetest im Labor, der im Blut die Aktivität aller vier relevanten DOAKs gleichzeitig bestimmen könnte! Zur Absicherung, dass keine blutungsrelevanten Wirkspiegel der DOAKs im Blut vorliegen, muss daher entweder die Substanz bekannt sein oder es müssen bei unbekannter Substanz mehrere Verfahren zur Einschätzung der (Rest-)-Aktivität zum Einsatz kommen. Alternativ bzw. ergänzend ist ein einfacher CE-zertifizierter Urintest, der DOAC Dipstick, verfügbar, der in  einem Untersuchungsgang eine Aussage treffen kann, ob FXa-Hemmer und/oder FIIa-Hemmer im Urin nachweisbar sind. Das Fehlen des Nachweises im Urin lässt im Umkehrschluss das Fehlen relevanter Wirkspiegel der Substanzen im Blut zu, sofern die Einnahme des DOAKs mindestens eine Stunde zurückliegt.

Die direkte Aktivitäts- bzw. Spiegelbestimmung im Blut der FXa-Hemmer und FIIa-Hemmer ist nur über spezifisch kalibrierte Testverfahren im Labor möglich, die nicht jederzeit verfügbar sind. Verfahren, die über spezifische Cut-off-Werte das Vorliegen eines blutungsrelevanten Wirkspiegels im Blut ausschließen sollen, basieren auf basalen Gerinnungstests wie der INR und der Thrombinzeit und sind im Falle der INR auch als Point-of-care-Test (POCT)-Verfahren etablierbar. Für den Einsatz als POCT sind aus unserer Sicht zwei Geräte brauchbar: Hemochron™ Signature Elite und CoaguCheck®. Für die unterschiedlichen DOAKs sind dabei unterschiedliche Geräte in Studien zum Einsatz gekommen:

  • Blutungsrelevante Wirkspiegel von Rivaroxaban und Dabigatran können über das Hemochron™ Signature Elite mit der INR-Cartridge ausgeschlossen werden (keine CE-Kennzeichnung für diesen Zweck, Studien liegen vor).
  • Blutungsrelevante Wirkspiegel von Rivaroxaban und Edoxaban können über das CoaguCheck® ausgeschlossen werden (keine CE-Kennzeichnung für diesen Zweck, Studien liegen vor).
  • Ein blutungsrelevanter Wirkspiegel von Dabigatran kann gut über die klassische Thrombinzeit ausgeschlossen werden, die ggf. 24/7 im lokalen Labor verfügbar ist (keine CEKennzeichnung für diesen Zweck, Studien liegen vor).

Die Spiegelbestimmungen von Rivaroxaban, Edoxaban und Apixaban werden im LADR Zentrallabor in Geesthacht demnächst verfügbar sein. Die Einführung der Spiegelbestimmungen von Dabigatran (Faktor IIa-Hemmer) wird allerdings aktuell nicht geplant, da Dabigatran einen sehr geringen Marktanteil hat.

Wichtig: Apixaban ist über Screeningteste im Blut nicht zuverlässig bestimmbar!

Fazit

  1. DOAC Dipstick ist derzeit das einzige Nachweissystem, das in einem Untersuchungsgang alle vier zugelassenen DOAKs erfasst und zudem schnell und zuverlässig 24/7 verfügbar ist.
  2. Mit einzelnen POCT-Geräten wie Hemochron™ Signature Elite und CoaguCheck® können nicht alle vier DOAKs erfasst werden. Es ist eine Kombination erforderlich, um zumindest drei der vier DOAKs auf ihre blutungsrelevante Wirksamkeit zu untersuchen (Rivaroxaban, Edoxaban, Dabigatran).
  3. Für Apixaban ist derzeit kein Messsystem etabliert, das blutungsrelevante Wirkspiegel im Sinne eines Screenings erfassen könnte.
  4. Im lokalen Labor ist allenfalls die Thrombinzeit geeignet, eine Dabigatran-Wirkung 24/7 zu erfassen.
  5. Die Spiegelbestimmungen sind nicht vor Ort leistbar, können nur zentralisiert und NICHT 24/7 angeboten werden.
  6. Nur mit dem DOAC Dipstick ist der GBABeschluss also ohne größeren Aufwand zu erfüllen.

     

Algorithmen als Grundlage für eventuelle Standard Arbeitsanweisungen (standard operating procedures, SOPs).

Die Verantwortung für die Verwendung von SOPs und deren klinischen Inhalte verbleibt bei der behandelnden medizinischen Einrichtung.

 

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Fall 5 

Literatur

  1. Gemeinsamer Bundesausschuss: Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur: Ergänzung der Regelungen zur SOP „Umgang mit gerinnungshemmender Medikation“, verfügbar unter https://www.g-ba.de/beschluesse/4655/
  2. Harenberg J, Beyer-Westendorf J, Crowther M, et al. Accuracy of a Rapid Diagnostic Test for the Presence of Direct Oral Factor Xa or Thrombin Inhibitors in Urine - A Multicenter Trial. Thromb Haemost 2020; 120 (1): 132–40
  3. Harenberg J, Schreiner R, Hetjens S, Weiss C. Detecting Anti-IIa and Anti-Xa Direct Oral Anticoagulant (DOAC) Agents in Urine using a DOAC Dipstick. Semin Thromb Hemost 2019; 45 (3): 275–84
  4. Ebner M, Birschmann I, Peter A, et al. Point-of-care testing for emergency assessment of coagulation in patients treated with direct oral anticoagulants. Crit Care 2017 Feb; 21 (1): 32
  5. Ebner M, Peter A, Spencer C, et al. Point-of-Care Testing of Coagulation in Patients Treated With Non-Vitamin K Antagonist Oral Anticoagulants. Stroke 2015; 46 (10): 2741–7
  6. Härtig F, Birschmann I, Peter A, et al. Point-of-care testing of coagulation in patients treated with edoxaban. J Thromb Thrombolysis 2020; 50 (3): 632–9
  7. Steiner T, Schmitz L, Grau A, et al. Direkte orale Antikoagulantien - Was im Notfall zu beachten ist. Deutsches Ärzteblatt 2021; 118 (1-2): 25-30
  8. Ebner M, Birschmann I, Peter A, et al. Emergency Coagulation Assessment During Treatment With Direct Oral Anticoagulants: Limitations and Solutions. Stroke 2017; 48(9): 2457–63
Bezeichnung Verpackungseinheiten Best.-Nr.

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DOASENE Control Urines (DE/EN)

1 VE = 1x12 
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